Hitzewellen werden in Österreich häufiger, länger und intensiver – doch sie treffen nicht alle Menschen gleich stark. Wie stark Menschen Hitzewellen ausgesetzt sind, hängt eng mit Einkommen, Alter, Geschlecht und der Wohnsituation zusammen. Wer wenig verdient, weiblich oder jung ist oder in der Stadt lebt, spürt die Belastung besonders deutlich.
Hitzewellen werden immer häufiger und heißer
Die Welt wird stetig wärmer. 2024 war das erste Kalenderjahr, in dem die globale Durchschnittstemperatur um 1,6 °C über dem vorindustriellen Niveau lag. Ohne ambitionierte Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung ist es wahrscheinlich, dass 2024 den Beginn des 20-Jahres-Zeitraums mit einer durchschnittlichen Erwärmung von 1,5 °C eingeläutet hat und somit das niedrigere Pariser Klimaziel von 1,5 °C verfehlt wird. Auch in Österreich war das Vorjahr das mit Abstand wärmste Jahr, die Temperatur lag im Schnitt um 3,1 °C über dem langjährigen Mittel.
Durch den Klimawandel klettert nicht nur die globale Durchschnittstemperatur, auch Hitzewellen werden immer häufiger, länger und heißer. Hitzewellen, die heute statistisch etwa alle zehn Jahre vorkommen, wären ohne den menschengemachten Klimawandel im Durchschnitt nur alle fünfzig Jahre aufgetreten und zudem rund 1,2 °C kühler gewesen.
Wer ist wie betroffen?
Durchschnittswerte sagen aber wenig darüber aus, wer im Alltag wie stark unter Hitze leidet. Statistik Austria hat für die AK Wien den Mikrozensus Umwelt 2023 hinsichtlich der Hitzebelastung nach Einkommensgruppen und weiteren sozialen Merkmalen ausgewertet. 2019 und 2023 wurde im Mikrozensus die Frage gestellt: „Wie stark ist Ihre körperliche Belastung durch Hitze während einer Hitzeperiode/-welle?“ Erhoben wurde nach fünf Stufen: von „gar nicht“ bis „sehr stark“. Für die Auswertung wurden die Befragten je nach verfügbarem Haushaltseinkommen in drei Gruppen eingeteilt:
- niedriges Einkommen: die untersten 20 Prozent,
- mittleres Einkommen: die mittleren 60 Prozent,
- hohes Einkommen: die obersten 20 Prozent.
Je niedriger das Einkommen, desto stärker die Hitzebelastung
Fast die Hälfte der Bevölkerung (46,1 Prozent) fühlt sich bei Hitzewellen stark oder eher stark belastet. Besonders auffällig ist der Anstieg seit 2019: Damals gaben 13,1 Prozent eine sehr starke und 23,1 Prozent eine eher starke Belastung an. 2023 waren es bereits 18,1 Prozent bzw. 28 Prozent. Die zunehmende Hitze der letzten Jahre schlägt sich also deutlich in der gefühlten körperlichen Belastung nieder.
Wenn man die Ergebnisse nun nach dem Einkommen betrachtet, nimmt die Hitzebelastung mit steigendem Einkommen ab: Für Personen mit niedrigem Haushaltseinkommen ist sie deutlich höher (51 Prozent: sehr oder eher stark) als für jene mit mittlerem (46 Prozent) oder hohem Haushaltseinkommen (42,3 Prozent). Am deutlichsten sind die Unterschiede, wenn man nur die Gruppe der sehr stark Betroffenen heranzieht: Da sind es 23,5 Prozent bei den kleinsten Einkommen und nur 13,4 Prozent bei den höchsten Einkommen. Dies verdeutlicht die Ungerechtigkeit der Klimakrise: Am stärksten spüren ihre Folgen jene, die am wenigsten zu ihr beitragen.
Frauen und junge Menschen leiden stärker unter Hitze
Frauen spüren Hitzewellen deutlich stärker als Männer: Fast jede zweite Frau (49,6 Prozent) berichtet von (eher) starker Belastung, bei den Männern sind es 42,3 Prozent. Besonders betroffen sind Frauen mit niedrigem Einkommen: 54,5 Prozent von ihnen geben an (eher) stark von Hitze belastet zu sein, während es in derselben Einkommensgruppe bei den Männern nur 45,4 Prozent sind. Mit steigendem Einkommen nimmt die Belastung sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ab.
Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle: Jüngere Menschen empfinden Hitze deutlich belastender als ältere Menschen. Unter 30-Jährige berichten am häufigsten von starker Hitzebelastung, besonders bei geringem Einkommen (61,7 Prozent). Bei älteren Menschen ist das Empfinden deutlich schwächer: Nur rund 45,6 Prozent der über 60-Jährigen mit geringem Einkommen fühlen sich (eher) stark beeinträchtigt. Warum ältere Menschen Hitze seltener als körperlich anstrengend empfinden, bleibt unklar. Möglicherweise nehmen sie Hitze aufgrund ihres eingeschränkten Temperaturempfindens weniger wahr oder leben häufiger in weniger dicht besiedelten, kühleren Gegenden.
Wohnverhältnisse beeinflussen die Hitzebelastung
Das Wohnverhältnis spielt eine große Rolle bei der gefühlten Belastung durch Hitze. Die Daten von Statistik Austria belegen, dass Bewohner:innen Hitze umso stärker empfinden, je mehr Wohnungen sich in einem Gebäude befinden. Am geringsten ist die Belastung bei 40 Prozent der Befragten in Einfamilienhäusern. Im dicht verbauten Gebiet mit überwiegend mehrgeschossigen Häusern ist der Anteil hingegen am höchsten. Hier fühlen sich 56,8 Prozent der Personen mit niedrigem Haushaltseinkommen während einer Hitzewelle stark belastet, in Gebäuden mit 20 und mehr Wohnungen sind es im mittleren Einkommenssegment sogar 62,6 Prozent.
Mieter:innen berichten deutlich häufiger von Hitzebelastung (je nach Einkommen zwischen 52,5 Prozent und 55,5 Prozent) als Eigentümer:innen, von denen nur rund 40 Prozent sehr oder eher starke Beeinträchtigungen durch Hitze angeben.
In kleinen Gemeinden ist die Hitzebelastung während einer Hitzewelle am geringsten, in Wien dagegen besonders hoch. Während in Orten mit weniger als 5.000 Einwohner:innen der Anteil der Betroffenen bei unter 40 Prozent liegt, ist er in Wien bei rund 60 Prozent.
Politik muss Menschen besser vor Hitze schützen
Menschen mit kleinen Einkommen, die noch dazu in Städten zur Miete leben, leiden am stärksten unter der Klimakrise, während ihr ökologischer Fußabdruck sogar vergleichsweise klein ist. Es braucht daher soziale Gerechtigkeit beim Klimaschutz. Ein breites Maßnahmenbündel kann dafür sorgen:
- Öffentliche Investitionen für den Aus- und Umbau einer klimafreundlichen Infrastruktur: Insbesondere in den Bereichen Energie, Verkehr und Gebäude gibt es einen großen Bedarf an Investitionen, um Städte und Gemeinden klimafit zu machen und die Bevölkerung unabhängig ihres Einkommens vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen. Dafür sind jährlich mindestens 1 Prozent des BIP an zusätzlichen öffentlichen Investitionen notwendig. Davon profitieren alle Bevölkerungsteile, besonders aber jene mit niedrigen Einkommen, die sich privat schlechter schützen können.
- Es braucht sozial ausgewogene politische Maßnahmen gegen die Klimakrise, die besonders Menschen mit niedrigem Einkommen berücksichtigen: Dazu zählt etwa eine sozial gerechte CO2-Bepreisung oder eine Kostenteilung des Umbaus von Heizsystemen in Mietwohnungen zwischen Vermieter:innen und Mieter:innen je nach Energieeffizienz der Wohnung sowie besondere Priorität in der Stadtplanung für Grätzel, in denen Hitze und niedriger sozioökonomischer Status aufeinandertreffen.
- Der soziale Ausgleich für die breite Bevölkerung beim klimaneutralen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft erfordert einen gerechten Finanzierungsbeitrag der Vermögenden: die CO2-Emissionen privater Haushalte steigen mit dem Einkommen und Vermögen an, die Belastung durch die Klimakrise sinkt hingegen. Aus Millionenvermögen muss deshalb ein höherer Beitrag zur Finanzierung eines sozial ausgewogenen ökologischen Umbaus kommen. An einer Besteuerung hoher Vermögen und Erbschaften führt kein Weg vorbei.
- Wenn Steuern allein für die Vermeidung klimaschädlichen Verhaltens nicht ausreichen, ist Ordnungspolitik gegen klimaschädlichen Luxuskonsum gefragt: Gesetze und Regulierungen müssen verhindern, dass sich die Klimakrise durch einen exzessiven Lebensstil von Reichen, etwa durch Privatjets und Yachten, weiter beschleunigt.
- Effektiver Schutz von Arbeitnehmer:innen vor Extremwetter und Hitzebelastung: Unternehmen sollen ab Hitzewarnstufe 2 (das sind 30 Grad gefühlte Temperatur) Maßnahmen zum Schutz der im Freien arbeitenden Beschäftigten ergreifen müssen (z. B. Krankabinen mit Kühlung/Klimatisierung).
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Kurzzusammenfassung der Studie „Sonderauswertung zur Hitzebelastung“, die hier zum Download zur Verfügung steht.